Rundbrief 6.1 (2012)

Ernest W.B. Hess-Lüttich

Bern, den 12. Juni 2012

Sehr verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, liebe Freunde in der GiG,

gegen Ende letzten Jahres (2011) ging nach Abschluss der aufwendigen editorischen und redaktionellen Arbeiten der umfangreiche Band zum GiG-Kongress 2010 in Göttingen in die Produktion. Wir hatten diesmal, wie im vorletzten Rundbrief beschrieben (ZiG 2.2/2011: 209f.) mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen, darunter auch Kapazitätsproblemen aufgrund von personellen Engpässen, die durch kantonale Mittelkürzungen ausgelöst worden waren. Im Verlag gab es nach einem Wechsel in der Verlagsleitung zunächst weitere Verzögerungen, und die Fahnenkorrekturen dauerten in Einzelfällen auch erheblich länger als vorgesehen und eigentlich hinzunehmen. Aber zum Zeitpunkt dieses Rundbriefes sind die Korrekturgänge abgeschlossen und die Drucklegung im Gange. Ich hoffe daher zuversichtlich, Sie können, wenn dieses Heft der ZiG ausgeliefert wird und Sie diese Zeilen lesen, bereits einen wiederum stattlichen Band von über 680 Seiten zum Thema Re-Visionen Kulturwissenschaftliche Herausforderungen interkultureller Germanistik in Händen halten, den ich gemeinsam mit den Organisatorinnen der Tagung, Corinna Albrecht und Andrea Bogner, herausgegeben habe.

Wie immer konnten nicht alle eingesandten Beiträge aufgenommen werden, weil die Gutachter der GiG in ihrem Peer-review-Verfahren eine strenge Auswahl treffen müssen, was in heutiger Zeit wiederum die Voraussetzung für die Einwerbung von Druckkostenzuschüssen ist. Dank eines namhaften Zuschusses des DAAD für eine Teilauflage konnte jedoch auch ein Band dieses Umfangs erneut finanziert und den Autoren und den Mitgliedern der GiG kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

In der Zwischenzeit hatten wir aber – wie in meinem letzten Rundbrief 5.2 (2011) ausführlich beschrieben (s.o.) – schon wieder drei weitere Kolloquien der GiG veranstalten können, aus denen ebenfalls jeweils GiG-Bände erwachsen sollen: in Kairo zum Thema Zwischen Ritual und Tabu (November 2010), in Bangkok Zur kulturellen Bestimmung des Raumes (August 2011) und in Kyoto zum Wechselblick zwischen Orient und Okzident (März 2012). Nicht jede/r von Ihnen konnte an allen Kolloquien teilnehmen, daher berichten wir in dieser Rubrik der ZiG auch regelmäßig im Detail darüber, nicht nur, um den Teilnehmern deren Verlauf erneut zu vergegenwärtigen, auch nicht nur, um den Mitgliedern, die nicht teilnehmen konnten, vor Augen zu führen, was sie versäumt haben, sondern vor allem auch, um Noch-nicht-Mitgliedern und Interessenten außerhalb der GiG die Attraktivität einer Mitgliedschaft in unserer Gesellschaft unmittelbar anschaulich zu machen (vgl. den Bericht über Göttingen in ZiG 2.1/2011: 197–208; vgl. die Berichte über Kairo und Bangkok in diesem Heft).

Trotz der oben erwähnten Kapazitätsprobleme haben wir in Bern mit unserem kleinen Redaktionsteam die editorischen Arbeiten an den weiteren Bänden parallel zu denen am Göttingen-Band begonnen und inzwischen weiter vorangetrieben, so dass wir das Typoskript zum Kairo-Band bereits an den Verlag zum Druck geben konnten; wir hoffen, dem Verlag auch das zum Bangkok-Band schon in Kürze einreichen zu können. Wenn wir nun noch ein wenig Glück mit der Finanzierung haben und alle Autoren bei der Korrektur der Fahnen kooperieren, könnten in schnellerer Folge drei gewichtige Bände erscheinen und damit eine gute Vorlage liefern für die nächste GiG-Tagung in Johannesburg, bis zu der auch die Arbeiten am Kyoto-Band, so unser ehrgeiziger Zeitplan, möglichst abgeschlossen sein sollen, damit er im kommenden Frühjahr erscheinen kann und wir uns 2013 ganz auf die Tagung in Johannesburg und die Vorbereitung der geplanten Tagung 2014 konzentrieren können.

Erfreulich viele von Ihnen haben sich zum kommenden GiG-Kolloquium angemeldet, das vom 21. bis 24. Januar 2013 in Johannesburg an der University of Witwatersrand stattfinden wird zum Thema Gesellschaften in Bewegung. Die Einladung dazu ist allen Mitgliedern in gesonderten E-Mails Ende Februar und Anfang März 2012 zugegangen. Danach soll das Thema in drei Sektionen bearbeitet werden, zu denen die Organisatorinnen vor Ort, unsere Kolleginnen Carlotta von Maltzan, Katherine Thorpe und Anette Horn, die folgenden Fragen und Stichworte notiert haben:

Sektion 1: Aufstände und Umbrüche: Wie werden Aufstände, Rebellionen, Revolutionen, Systemwechsel und Umbrüche in Gesellschaften in der Literatur und in den Medien reflektiert und bewertet? Welchen Beitrag leisten Texte, Filme und andere Medien in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen? Wie können Nationalismen, Internationalismen und Globalisierungsprozesse literarisch und begrifflich gefasst werden?

Sektion 2: Afrika in Europa – Europa in Afrika: Welcher Austausch ist zwischen Afrika und Europa in der Literatur und in den Medien zu beobachten? Welche Verflechtungen sind zu beobachten? Bedeutet die Globalisierung das Ende der Postkolonialität? Wie werden Identifizierungen zu Identitätskonstruktionen? Wie werden diese diskursiv umgesetzt?

Sektion 3: Sprachen in Bewegung: Welche Rolle spielen Sprachen für die Konstruktion von Identitäten in mehrsprachigen Kontexten? Welchen Stellenwert haben Übersetzungen? Wie verändern sich Sprachen und was sagen sie über die jeweiligen gesellschaftlichen Prozesse aus? Wie steht es mit dem Beziehungsgeflecht von Sprachen, wie sind Sprachimporte und -exporte zu fassen?

Weitere Einzelheiten zur Tagung und ihren organisatorischen Aspekten entnehmen Sie bitte der Tagungshomepage:

http://uamp.wits.ac.za/ocs/index.php/bewegung

Den vor dem Abschluss der Anmeldefristen (im Mai 2012) eingesandten Exposés zufolge verspricht es eine wiederum sehr interessante Tagung zu werden, zumal das Thema so aktuell wie brisant ist. Wir freuen uns auf Ihre rege Teilnahme und darauf, viele von Ihnen bei dieser Gelegenheit an einem in vielen Hinsichten spannenden Ort in Südafrika wiederzusehen: wahrlich eine ›Gesellschaft in Bewegung‹.

Aber auch unsere kleine Gesellschaft, die GiG, bleibt in Bewegung: Nachdem wir immer wieder Tagungen in Europa und Nahost, in Afrika und Asien veranstaltet haben, ist ein Blick nach Westen überfällig. Die quantitativ und qualitativ starke Germanistik auf dem amerikanischen Kontinent verdient ebenfalls unsere intensive Beachtung. Die Germanisten Lateinamerikas haben sich im März 2012 zu ihrem großen ALEG-Kongress im mexikanischen Guadalajara getroffen (und übrigens Paulo A. Soethe, Mitglied unseres Internationalen Ausschusses, zu ihrem neuen Präsidenten gewählt). Auf dem Weg nach Kyoto habe ich an diesem Kongress teilgenommen und bin in etlichen Gesprächen am Rande auf lebhaftes Interesse an unserer Gesellschaft gestoßen. Auch der neue ALEG-Präsident will sich persönlich für eine stärkere Kooperation zwischen unseren Vereinigungen einsetzen.

»Room for improvement« dagegen besteht bei den Beziehungen zur US-Germanistik. Mit den drei großen Kongressen der MLA, AATG und GSA sowie den vielen kleinen Fachtagungen scheinen die amerikanischen Kollegen wenig Bedarf an weiteren Engagements zu haben. Dabei besteht durchaus ein verbreitetes Interesse an trans- und interkulturellen Fragestellungen in unserer Disziplin, aber auch ein kaum zu übersehener Bedarf an Einsatz für ein vielerorts in seinem Bestand gefährdetes Fach. Das gilt vor allem abseits der Germanistik-Hochburgen an der Ostküste und im Norden der USA etwa für den Südwesten, wo die Germanistik sich mittlerweile (mit einer signifikanten Ausnahme) im Fächerverbund von Cultural Studies, European Studies, Area Studies, Modern Languages usw. aufzulösen droht.

Deshalb habe ich direkte Gespräche zur Vorbereitung einer weiteren Tagung 2014 mit Kollegen der renommierten University of California (UC) in Berkeley bei San Francisco aufgenommen. Inwieweit sie indes Früchte tragen werden, hängt aktuellen Informationen zufolge noch von der Klärung von Finanzierungsfagen ab, da die UC als State University aufgrund des Staatsdefizits des Bundesstaates empfindliche Budgeteinbußen zu verkraften hat, von denen auch der Campus Berkeley massiv betroffen ist. Aber Probleme sind dazu da, gelöst zu werden; und wenn alles nichts hilft oder sich im Mutterland des Sponsorentums kein Gönner zur Unterstützung unserer Anliegen finden lässt, schauen wir uns halt wieder im näheren Umkreis um. Ich hoffe, im zweiten Rundbrief zum Jahreswechsel 2012/13 dazu vielleicht schon weitere Hinweise geben zu können.

Bis dahin grüße ich Sie herzlich und wünsche allen einen zugleich erholsamen und ertragreichen Sommer.