Riskante Reisen

Zur Konstruktion kultureller Grenzen in Waldemar Bonsels’ Die Biene Maja (1912) und Indienfahrt (1916)

Stefan Hermes

Abstract

One of the key features of (not only) German travel and adventure literature from the early 20th century can be seen in the main characters’ encounters with ›exotic‹ and sexually attractive strangers. In most cases – and even in narratives with an obvious völkisch bias – the protagonists prove unable to resist the temptation to get involved with them and therefore contravene the ideal of ethnic purity. However, Waldemar Bonsels’ once enormously popular novel Die Biene Maja (1912) succeeds in telling of a confrontation with the Other without undermining the alleged border between different cultures. This is possible because the author frames a fantastic and desexualised fictional world in which the (quite flat) title character feels almost no carnal desire: Thus, Maja’s ›exotic‹ travel experiences do not at all endanger her unconditional loyalty to her people. In sharp contrast to this, the human first-person narrator of Bonsels’ Indienfahrt (1916) undergoes a precarious process of ›going native‹ and thereby, in the perspective of the novel, compromises his völkisch identity. In this context, the traveller’s transgressive sexual relations with Indian females are depicted as the main reason for his shameful decline.

Sexuelle Grenzüberschreitungen in der fiktionalen Reiseliteratur der Moderne

Nicht immer lassen sich die tiefgreifenden Erfahrungen, die aus Reisen in zuvor unvertraute Weltregionen und Begegnungen mit der dort ansässigen Bevölkerung resultieren können, als eine Bereicherung des Selbst wahrnehmen: Vielfach werden sie als fundamentale Bedrohung von Identitätskonstruktionen empfunden, die zuvor mehr oder minder unhinterfragt geblieben waren und eben dadurch eine gewisse Sicherheit zu garantieren schienen. Demgemäß sehen sich die überwiegend männlichen (und heterosexuellen) Helden von fiktionalen Reise- und Abenteuernarrativen in der Regel nicht bloß mit äußeren Bedrängnissen konfrontiert – seien es blutrünstige Feinde oder elementare Naturgewalten –, sondern auch mit massiven inneren Anfechtungen. Das kulturell Fremde erscheint ihnen oftmals als faszinierende Verlockung und zugleich als Quelle größter Gefahr, wie dies insbesondere die literarische Gestaltung verführerischer Frauenfiguren ersichtlich macht, von denen sie sich meist vergeblich zu distanzieren suchen. Diese Problematik wird in der deutschsprachigen Erzählliteratur der Moderne, auf die sich der vorliegende Aufsatz konzentriert, häufig vor der Folie populärer Rassentheorien verhandelt – und zwar auch in solchen Werken, die nicht einfach als ästhetisch belanglose und intellektuell dürftige Beschwörungen ›weißer« Superiorität abgetan werden können.1 Signifikant ist für die entsprechenden Reisetexte also jenes Spannungsverhältnis, das sich aus dem verbreiteten ›Wissen‹ um den absoluten Wert der ›Rassengrenze‹ und dem obsessiven Begehren nach ihrer Überschreitung im Geschlechtsakt ergibt: Der in der Herkunftsgesellschaft der Protagonisten gemeinhin für intolerabel befundene Verstoß gegen das Ideal ethnischer Reinheit bietet sich diesen als ultimative Versuchung dar.2

Einige einschlägige und in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedliche Beispiele für dieses narrative Muster untersucht eine luzide Studie, die Eva Blome jüngst vorgelegt hat.3 Zu ihnen zählt Robert Müllers monumentaler Tropen-Roman (1915), in dem es nicht allein die Gier nach unermesslichen Reichtümern ist, welche die Hauptfigur, einen deutschen Ingenieur, in den südamerikanischen Dschungel treibt, sondern gleichermaßen die prekäre Sehnsucht nach ›unverbildeten Exotinnen‹, mit denen sich bestimmte sexuelle Phantasien vermeintlich ungehemmt ausleben lassen (vgl. neben Blome 2011: 164–189, v.a. Holdenried 2004: 263–295, u. Schwarz 2006). Indes wird in Müllers Novelle Das Inselmädchen (1919), deren Plot in einer fiktiven portugiesischen Kolonie in Melanesien angesiedelt ist, noch deutlicher auf die angeblichen Risiken der ›Rassenvermischung‹ abgehoben: Dort gilt das Begehren, mit dem der aus Belgien stammende Protagonist auf die Titelfigur reagiert, dem Gros der übrigen Europäer als skandalträchtige Verirrung, denn geschlechtliche Kontakte zwischen ›Weißen‹ und Einheimischen unterliegen auf der Insel einem strikten, biopolitisch begründeten Verbot (vgl. Schwarz 2006: 270–276, u. Blome 2011: 240–266).4

Hingewiesen sei zudem auf jene Kolonialerzählungen, in denen Hans Grimm, der Verfasser des berühmt-berüchtigten Bestsellers Volk ohne Raum (1926), das Schreckbild von der ›Verkafferung‹ europäischer Männer im südlichen Afrika zeichnet.5 Dies betrifft die von der Forschung relativ stark beachtete Novelle Wie Grete aufhörte ein Kind zu sein aus dem Jahr 1913 (vgl. neben Blome 2011: 103–119, speziell Klotz 1995: 147–164, u. Freudenthal 2010), aber auch weniger breit rezipierte Texte wie Die Dirne auf dem Felde (1915), Die Geschichte vom alten Blute und der ungeheuren Verlassenheit (1931) oder Das Haus in der Steppe (1931). Ergänzend wäre an Gerhart Hauptmanns 1938/39 entstandene Novelle Der Schuß im Park (1941) zu denken, deren ›unerhörte Begebenheit‹ darin besteht, dass ein deutscher Baron sein Gewehr auf eine Afrikanerin abfeuert, die er während eines – analeptisch geschilderten – Aufenthalts auf dem ›schwarzen Kontinent‹ geehelicht und mit der er auch ein Kind gezeugt hatte. Denn die Frau, die von ihm wenig später verlassen worden war, hat den längst zum zweiten Mal Verheirateten in Schlesien aufgespürt und will nun ihre verbrieften Rechte geltend machen. In diesem Ansinnen muss der Bigamist eine fundamentale Bedrohung seiner sozialen Reputation erblicken, und so verschwindet er nach dem Scheitern seines mutmaßlichen Mordanschlags auf Nimmerwiedersehen.

Allerdings sollte der Umstand, dass es meist männliche Heldenfiguren sind, die sich als Abenteurer oder Eroberer in die Fremde begeben (vgl. Gutjahr 2002: 51f.), nicht zur Vernachlässigung der umso interessanteren Ausnahmefälle verleiten. So existieren auch diverse literarische Werke der Moderne, in denen sich ›weiße‹ Frauen auf riskante Reisen begeben und der Faszination ›exotischer‹ Männer erliegen. Angeführt seien hier Gabriele Reuters 1904 publizierter Briefroman Margaretes Mission (vgl. Blome 2011: 85–98), Max Dauthendeys Den Abendschnee am Hirayama sehen von 1911 (vgl. ebd.: 120–131, u. Stamm 2012: 218–224) sowie die Erzählung Die blaue Eidechse (1930) der heute kaum mehr gelesenen, aber ehedem höchst erfolgreichen Reiseschriftstellerin Alma Karlin (vgl. Stamm 2012: 224–230): Während sich in Reuters orientalistisch-afrikanistischem Text eine in Kairo weilende Deutsche mit dem Gedanken trägt, die Ehe mit einem ›Mulatten‹ einzugehen, erzählen sowohl Dauthendey als auch Karlin von den entsetzlichen Konsequenzen, die sich aus sexuellen Beziehungen europäischer Frauen zu asiatischen Männern ergeben.6

Darüber hinaus ist zu unterstreichen, dass die vermeintlich so fatale Vermischung verschiedener ›Rassen‹ oder Völker7 auch in solchen Narrativen, die auf den ersten Blick eine nicht überschreitbare Grenze zwischen den Kulturen zu etablieren scheinen, am Rande durchaus Erwähnung findet (vgl. Blome 2011: 76f.). So beobachtet der Ich-Erzähler von Gustav Frenssens Kolonialroman Peter Moors Fahrt nach Südwest (1906) – einem im Medium der Literatur unternommenen Versuch, den deutschen Genozid an den Herero und Nama zu legitimieren8 –, wie »einige Kameraden mit den Weibern der Hottentotten reden und lachen« (Frenssen 1906: 113). Sein dadurch ausgelöster Ekel intensiviert sich noch, als ein ›Schutztruppler‹ ihm versichert, »daß all diese Weiber uns zu jeder Zeit zu Willen wären.« (Ebd.) Dieser Satz aber führt gleichsam zur Implosion der ›weltanschaulichen‹ Struktur von Frenssens Text, wird doch das fortwährend herbeifabulierte ›Rassebewusstsein‹ der Kolonisatoren als ein nur kümmerlich ausgeprägtes entlarvt: Die rigorose Verurteilung jeder ›interrassischen‹ Sexualität durch den Erzähler ändert ja nicht das Geringste daran, dass diese für seine ›Kameraden‹ ungeheuer attraktiv ist.9 Es bedarf somit keiner forcierten Lektüre ›gegen den Strich‹, um zu erkennen, dass Frenssens Roman die eigene ›Botschaft‹ letztlich konterkariert (vgl. ausführlich Hermes 2009: 45–87).

Stabilisierung durch Entsexualisierung Zur narrativen Verfestigung kultureller Grenzen

Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, dass selbst solche Texte, die alarmistisch vor den angeblich so katastrophalen Folgen der ›Rassenvermischung‹ warnen, beständig Gefahr laufen, dass die Schilderungen sexueller Transgressionen eine stärkere Suggestionskraft entwickeln als die oftmals eher pflichtschuldig anmutenden Erzähler- oder Figurenkommentare, die deren Verderb- und Verwerflichkeit betonen: Das ›Wissen‹ um die Sündhaftigkeit des grenzüberschreitenden Geschlechtsverkehrs vermag die Attraktivität, welche narrativen Darstellungen derartiger Verstöße gegen die völkische Norm eignet, in vielen Fällen nicht abzumildern. Überdies scheint der – notwendigerweise kursorische – Blick auf den Konnex von ›Rasse‹ und Sexualität in der deutschsprachigen Reiseliteratur der Moderne ein bekanntes Diktum Michel Foucaults (2003: 69) zu bestätigen:

Die Grenze und die Überschreitung verdanken einander die Dichte ihres Seins: Eine Grenze, die absolut nicht überquert werden könnte, wäre inexistent; umgekehrt wäre eine Überschreitung, die nur eine scheinbare und schattenhafte Grenze durchbrechen würde, nichtig.10

In Übereinstimmung damit diagnostiziert Blome (2011: 323) eine »kontradiktorische[ ] Dichotomie von Reinheit und Vermischung […]: Dort, wo ›Rassengrenzen‹ in narrativer Weise gezogen werden, entstehen im gleichen Zuge Bewegungen über die Grenze hinweg.«

Jedoch lassen sich sehr wohl gewisse Bedingungen angeben, unter denen von der für die Gattung des Reiseromans konstitutiven Konfrontation mit kultureller Alterität erzählt werden kann, ohne die behauptete Stabilität der Grenze zwischen den ›Rassen‹ oder Völkern zu gefährden: Das liegt zumindest dann im Bereich des Möglichen, wenn ein Autor mit Erfolg nach einer weitgehenden Entsexualisierung seiner Identifikationsfigur(en) strebt. Da dies aber auf die Ausblendung einen wichtigen Teils der Conditio humana hinausläuft, dürfte eine solche Strategie vor allem dann verfangen, wenn keinerlei Anspruch auf eine ›realistische‹ Repräsentation der außerliterarischen Wirklichkeit erhoben wird. Mit anderen Worten: Die Narration distanziert sich von Erzählkonzepten, die auf eine mimetische Darstellung menschlicher Lebenswelten abzielen, und dringt in den Bereich des dezidiert Irrealen und Wunderbaren vor.11 Das aber bedeutet keineswegs, dass sie nicht durchaus (allegorisch) auf außerliterarische Zusammenhänge beziehbar bleibt.

Als ein anschauliches Beispiel für dieses Verfahren mag ein Roman der literarischen Moderne fungieren, der inzwischen nur mehr dem Titel nach prominent ist – ungeachtet der schier gigantischen Auflagenhöhe, die er einstmals erreichte. Gemeint ist Die Biene Maja und ihre Abenteuer von Waldemar Bonsels, dessen Erstpublikation sich 2012 zum hundertsten Mal jährt und von dem bis heute gut zwei Millionen Exemplare verkauft worden sind.12 Der in mehr als 40 Sprachen übersetzte Best- und Longseller erschien zunächst mitsamt dem Untertitel Ein Roman für Kinder, doch fiel dieser Zusatz in den seit 1920 veröffentlichten Ausgaben fort – kein Wunder, wenn man bedenkt, dass tausende deutsche Soldaten des Ersten Weltkriegs den Text im Tornister trugen (vgl. etwa Grieser 1991: 164). Insofern kann dieser mit guten Argumenten als ein Erwachsenenroman und »keineswegs nur [als] ein ›Kinderbuch‹« (Hübsch-Pflegler 1992: 63) gelesen werden.13

Im Folgenden ist also zu fragen, auf welche Weise Bonsels in der Biene Maja eine überwiegend entsexualisierte Welt kreiert, in der sich ›exotische‹ Abenteuer erleben lassen, ohne dass dies zur impliziten Desavouierung völkischer Identitätskonzepte führt: Dass er es darauf anlegt, ist übrigens schon deshalb bemerkenswert, weil er in früheren Werken regelmäßig erotische Sujets aufgreift (vgl. dazu Hübsch-Pflegler 1992: 24f., u. Adam 2012). Anschließend wird eine knappe Auseinandersetzung mit einem weiteren, einst ebenfalls enorm populären Reisetext dieses Autors erfolgen, nämlich der 1916 publizierten Indienfahrt. Dabei kann exemplarisch gezeigt werden, dass auch Bonsels keine scharfen kulturellen Grenzen konstruiert (bzw. konstruieren kann), sobald seine Narrative vergleichsweise direkt auf menschliche Lebensverhältnisse Bezug nehmen, anstatt eine phantasmagorische Tierwelt zu entwerfen.

Bonsels’ Biene Maja als Verkörperung völkischer Prinzipien

Die Biene Maja gehört – gemeinsam mit dem Nachfolgeroman Himmelsvolk (1915) und der Indienfahrt – zu jenen Veröffentlichungen Bonsels’, die von den Bücherverbrennungen des Frühjahrs 1933 verschont blieben (vgl. im Detail Haefs: 197–199). Denn während man etlichen anderen seiner Werke relativ problemlos eine Tendenz zur »verweichlichte[n] Psychologisierung« (Baumgartner 2011) sowie einen fragwürdigen Umgang mit den Axiomen der völkischen ›Weltanschauung‹ vorwerfen konnte,14 war dies mit Blick auf Bonsels’ größten Publikumserfolg aus noch ersichtlich werdenden Gründen nahezu unmöglich.15 Darüber hinaus sticht sogleich ins Auge, dass Die Biene Maja nur wenig mit jenen Tiererzählungen der Moderne gemein hat, die ihre Leserschaft nachhaltig zu verunsichern vermögen, indem sie die Scheidewand zwischen Humanem und Animalischem als äußerst porös inszenieren: Zu erinnern wäre hier speziell an die entsprechenden Texte Kafkas, in deren Zentrum ein wortgewandter Affe, ein forschender Hund, eine singende Maus oder ein misshandelter Käfer stehen (vgl. dazu etwa Lucht/Yarri 2010 u. Thermann 2010).

Von einem ähnlichen Irritationspotential findet sich in Bonsels’ schmalem Roman vor allem deshalb keine Spur, weil rasch erkennbar wird, dass dieser – wie bereits Bernard de Mandevilles The Fable of the Bees (1714–1729) – eine kohärente allegorische Lesart nahelegt: Die Biene Maja präsentiert geradezu das Idealmodell einer Bewährung in der Fremde, bei der niemals Zweifel daran aufkommen, dass die kompromisslose Identifikation mit dem eigenen Volk den höchsten aller Werte darstellt.16 Demnach ist es wenig überzeugend, dem Text eine »märchenhafte[ ] Unverbindlichkeit« (Hübsch-Pfleger 1992: 63) zu attestieren oder seine »Qualitäten« just darin zu erblicken, »dass er […] nicht eindeutig politisch zu lesen ist.« (Hanuschek 2011a)17 Im Gegenteil: Die spezifische Art und Weise, in der Bonsels auf »Märchenan- und ausleihen« sowie auf Elemente von »Entwicklungsroman und Tiergeschichte« (Karrenbrock 1999: 157) zurückgreift und sich am modernen Reise- und Abenteuerroman orientiert, hat zur Folge, dass die der Narration eingeschriebene Weltsicht von Ambivalenzen und Brüchen annähernd frei ist. Dazu trägt wesentlich bei, dass sich die Anthropomorphisierung der Titelfigur gleichsam unvollständig ausnimmt: Die tapfere Maja mag über menschliche Sprachfertigkeiten oder auch über »Hände« (Bonsels 1992c: 23)18 verfügen, doch besitzt sie keine komplex ausgestaltete Psyche und fast keine libidinösen Interessen – sodass es weitgehend unerheblich ist, dass sie durch ihren Namen (und nur durch ihren Namen) als weiblich markiert wird. Bei Bonsels’ Biene handelt es sich nicht um ein »der menschlichen Einfühlung nahegebrachtes Tier oder ein[en] Mensch[en] im bloßen Tierkostüm« (Karrenbrock 1999: 154), sondern um einen Flat character und ein tendenziell asexuelles Geschöpf, dessen Agieren vornehmlich der parabelartigen Bestätigung völkischer Prinzipien dient.19

In diesem Zusammenhang ist denn auch die These zu relativieren, Majas Aufbruch ins Unbekannte sei einzig durch ihre adoleszente Freiheitssehnsucht motiviert, sodass es in Bonsels’ Roman zu einer regelrechten »Glorifizierung der Trotzkopfphase« (Karrenbrock 1999: 158) komme. Denn zwar verlangt es das junge Insekt anfangs nach einer Alternative zum arbeitsreichen und eintönigen Dasein im Bienestock, aber diese Haltung bleibt Episode und wird zudem von Bonsels’ heterodiegetischem Erzähler expressis verbis als »leichtsinnig« (BM 14) gerügt. Überdies hat es die reiselustige Biene keineswegs nur auf ihr »individuelle[s] Glück« (Karrenbrock 1999: 158) abgesehen; die Heimat verlässt Maja – wie zahlreiche Artgenossen auch – »nicht aus Übermut oder böser Gesinnung«, sondern primär deshalb, weil »das Volk […] sich so stark vermehrt [hatte], daß die Stadt nicht mehr Raum genug für alle Bewohner bot« (BM 10). Oder, in der Diktion des deutschen Imperialismus um 1900: Der angestammte ›Lebensraum‹ ist längst allzu knapp geworden, und somit mutet es unabdingbar an, sich nach neuen Entfaltungsmöglichkeiten umzusehen (vgl. dazu Walkenhorst 2007: 166–249). Bekräftigt wird diese Einschätzung dadurch, dass der Erzähler »das Gedränge« im Bienenstock als »beinahe unerträglich« qualifiziert und im Stile anti-moderner Urbanitätskritik das folgende Horrorszenario schildert: »Maja sah ununterbrochen Biene auf Biene an sich vorübereilen, das Geschiebe und die Eile waren so groß, daß zuweilen die eine über die andere fortkletterte und wieder andere sich wie zu Klumpen geballt vorüberwälzten.« (BM 7) Vor diesem Hintergrund erscheint ihr Drang in die Ferne sehr wohl gerechtfertigt, nur soll sie auf ihrer Reise stets »an das Wohlergehen aller denken« (BM 8): »[H]ab Glück in der Welt und sei deinem Volk und deiner Königin treu« (BM 10), lautet die Mahnung, die man ihr mit auf den Weg gibt.

Dass die Maja-Figur weniger als Verkörperung eines individuellen Emanzipationsstrebens denn als vorbildliche Exponentin völkischer Gesinnung und Gesittung aufzufassen ist, wird durch den Fortgang des Romans wiederholt bestätigt (vgl. auch Dahrendorf 1980: 187, u. Müller 1986: 69). So sieht sich Bonsels’ Protagonistin zwar etlichen heiklen und zum Teil lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt, doch gerät sie kaum ernstlich in Gefahr, ihre kulturelle Herkunft zu ›verraten‹. Denn unabhängig davon, ob sie mit der eleganten Libelle Schnuck, einem skurrilen Grashüpfer, der frechen Fliege Puck, der perfiden Spinne Thekla, einer kontaktscheuen Wanze, dem schönen Schmetterling Fritz, dem zänkischen Weberknecht Hannibal, einer impertinenten Mücke, einem freundlichen Nachtfalter oder dem grüblerischen Tausendfüßler Hieronymus zusammentrifft – hinsichtlich ihrer Selbstverortung bleibt Maja unerschütterlich: Fast immer stellt sie sich als Mitglied des »Volk[s] der Bienen« (BM 34, 62, 69, 77, 80 u. 92) vor, definiert sie sich also über jenes Kollektiv, das sie bloß temporär verlassen hat. Ein Verhalten wie das des Mistkäfers Kurt, der sein ›Volkstum‹ schamhaft verleugnet und sich als Rosenkäfer ausgibt, muss ihr daher ebenso befremdlich wie anstößig erscheinen (vgl. BM 35).

Aufgrund der skizzierten Identitätskonstruktion ist es nur folgerichtig, dass Maja sich schon früh »nach ihrer […] Heimat« (BM 29) sehnt. Obwohl sie einen gewissen Stolz auf den eigenen Wagemut verspürt, tröstet sie die Aussicht auf das baldige Ende ihres nomadischen Umherschweifens: »Ach, wie glücklich machte es sie, sich dazurechnen zu dürfen, sich von allen geachtet zu wissen und den starken Schutz der Gemeinschaft genießen zu können. Hier, an ihrem einsamen und ausgesetzten Platz, war sie gefährdet und fror.« (BM 29f.) Ferner durchlebt Bonsels’ »edle Vagabundin« (Müller 1986: 69) immer wieder »Stunden, in denen sie sich nach einer geordneten Tätigkeit sehnt[ ], nach nützlicher Beschäftigung und nach Gesellschaft unter ihresgleichen.« (BM 75)20

Angesichts dessen liegt es nahe, dass Maja ein Höchstmaß an Befriedigung empfindet, sobald ihre Reisebekanntschaften die Bienen als »die angesehensten« und »mächtigsten« (BM 45) aller Insekten preisen oder aber um ihr mustergültig »geordnetes Staatswesen« (BM 21) beneiden. Demgegenüber beantwortet sie jegliche Geringschätzung ihrer Herkunft mit grimmiger Entschlossenheit; sie will und kann es »nicht ertragen […], daß man ihr Volk herabsetzt[ ]« (BM 77). Außerdem zeigt sich Maja zutiefst schockiert, als der bereits erwähnte Grashüpfer sie fälschlich für eine Wespe hält, speist sich ihr Selbstverständnis doch nicht zuletzt aus der manichäischen Abgrenzung von diesem als inferior gebrandmarkten Erz- und Erbfeind, »diesem Diebsvolk, diesen Landstreichern« (BM 40). Für sie bedeutet eine solche Verwechslung mithin die schwerste »Beleidigung«, ja »die größte Schmach«, zumal ihr Gesprächspartner selbst nach dem energischen Hinweis darauf, dass sie »zur Familie der Bienen« (BM 40) gehöre, die Tragweite seines Irrtums nicht einsehen will. Majas Identitätsgewissheit aber wird durch diesen Zwischenfall nicht erschüttert; für sie steht außer Frage, dass sie mit einer Wespe überhaupt nichts gemein haben kann.

In Analogie dazu ist Bonsels’ Heldin der festen Überzeugung, dass die Mehrzahl ›interkultureller‹ Kommunikationsversuche geradezu zwangsläufig fehlschlagen muss, meint sie doch unüberbrückbare Differenzen zwischen den verschiedenen Völkern ausmachen zu können: »Es ist gar nicht so leicht, mit fremden Leuten zu verkehren, dachte sie, sie denken anders« (BM 73). Diese essentialistische Einsicht erklärt denn auch die Flüchtigkeit, welche selbst die schiedlich-friedlich verlaufenden Begegnungen Majas mit anderen Insekten auszeichnet: Tiefgehende, womöglich gar libidinöse Affektionen sind bei ihr jedenfalls nicht zu erkennen; ihre unbändige Liebe gilt zunächst allein den Abstrakta Volk und Heimat. Wohl aber beobachtet Maja das Ende einer kurzlebigen Affäre zwischen dem Mistkäfer Kurt und der Grille Iffi (vgl. BM 32f.), deren Scheitern gemäß der völkischen Perspektive der Narration im Grunde alternativlos ist: Da Bonsels ethnische Homogenität zum wichtigsten Wert eines jeden Gemeinwesens stilisiert, muss er eine derartige Partnerwahl im Desaster münden lassen.

Demnach erwirbt Maja auf ihrer Reise durch ferne Wiesen und Wälder vor allem die Gewissheit, dass es in der Welt »ums Fressen und Gefressenwerden geht« (Karrenbrock 1999: 157) – und allein die unverbrüchliche Solidarität mit dem eigenen Volk eine aussichtsreiche Position im erbarmungslosen ›Kampf ums Dasein‹ garantiert. Besonders akut wird diese sozialdarwinistische Lehre gegen Ende des Romans, als Maja in die Gefangenschaft der grausamen Hornissen gerät, deren physische Stärke diejenige der Bienen (und auch die der Wespen) bei weitem übertrifft.21 In ihrem Kerker hört sie zufällig mit an, wie das mächtige ›Feindvolk‹ einen Überraschungsangriff auf ihre Heimat plant, und dadurch erhält Maja endlich Gelegenheit, »etwas Großes und Gutes für ihre Königin und zum Wohle ihres Staates [zu] tun« (BM 78):

[D]ie Verzweiflung der kleinen Biene machte bald einer entschlossenen Besinnung Platz. Es war, als erinnerte sie sich wieder daran, daß sie eine Biene war. Hier sitze ich und weine und klage, dachte sie plötzlich, als ob ich nicht Gedanken und Kräfte hätte. Oh, ich mache meinem bedrohten Volk keine Ehre. Sterben muß ich doch, da will ich es wenigstens stolz und mutig tun und nichts unversucht lassen, die Meinen zu retten. Es war, als vergäße sie ganz die lange Zeit der Trennung von den Ihren und der Heimat; sie fühlte sich ihnen zugehöriger als je […]. (BM 99f.)

Majas Entschluss, die Flucht aus dem Hornissenbau zu wagen, steht also unwiderruflich fest, und tatsächlich gelingt es ihr, unbemerkt zum Ausgang vorzudringen. Dort aber hat sich ein feindlicher Wachsoldat postiert, und so verliert sie für einen Moment »all ihre Hoffnung« (BM 100), ehe sich etwas ebenso Unerwartetes wie Unerhörtes ereignet. Die Biene bemerkt verwundert, »[w]ie schön er ist«, und gerät daraufhin schier in Verzückung: »[W]ie edel ist seine Haltung, und wie stolz funkelt seine Rüstung« (ebd.). Augenscheinlich hat sich das zuvor so keusche Insekt Hals über Kopf verliebt, und in dieser ungewohnten Lage vergisst Maja sogar, »daß es ihr Feind war, den sie vor sich sah.« (Ebd.) Doch damit nicht genug: Als die Hornisse die Ausbrecherin entdeckt, begegnet sie ihr nicht etwa aggressiv, sondern mit einem wohlwollenden Lächeln.

Es war gar nicht böse, dies Lächeln; die kleine Biene hatte dabei ein Empfinden, das sie noch niemals im Leben gekannt hatte. Ihr war zumute, als ob dieses Lächeln des jungen Kriegers eine heimliche Gewalt über ihr Herz ausübte. (BM 101f.)

Allerdings macht Bonsels’ Roman gleich darauf deutlich, dass sich die Protagonistin ihren aufwallenden Emotionen keineswegs hingeben wird. Denn im Gegensatz zu Kurt und Iffi oder etlichen menschlichen Figuren in Reisetexten der Moderne muss Maja rasch einsehen, weshalb es zu der ersehnten Grenzüberschreitung nicht kommen darf. Diese Lektion lernt sie just von dem begehrten Soldaten, der mit größter Zurückhaltung auf ihre Feststellung reagiert, dass offenbar doch nicht alle Hornissen böse seien. »Der Krieger sah Maja ruhig an: ›Es gibt überall böse und gute Leute‹, sagte er ernst. ›Aber wir sind eure Feinde, vergiß das nicht. Es wird immer so bleiben.« (BM 102) Damit sind sämtliche Hoffnungen von Bonsels’ Identifikationsfigur im Keim erstickt, denn der als naturwüchsig und unaufhebbar inszenierte Antagonismus zwischen Bienen und Hornissen lässt eine Annäherung zwischen den Angehörigen beider Völker schlichtweg nicht zu.

Anstatt darüber in Trübsal zu verfallen, ist Maja sofort wieder ganz bei sich selbst – woran sich erneut erweist, wie gering Bonsels’ Interesse an einer (nach menschlichen Maßstäben) plausiblen Figurenpsychologie ist. Jedenfalls entflammt seine Biene nun wieder in bedingungsloser »Liebe zu den Ihren«, sie besinnt sich auf die Notwendigkeit der »Treue gegen ihr Volk« und »fühlt[ ], hier gab es kein anderes Mittel mehr als List oder Gewalt.« (BM 103) Dabei gereicht es ihr zum Vorteil, dass das ›Wissen‹ des Wächters um die Aussichtslosigkeit ›interkultureller‹ Paarbeziehungen aus schmerzlichem Erleben erwächst: Einst hatte er ein Verhältnis mit der Libelle Schnuck unterhalten, doch war er von der »männermordende[n] femme fatale« (Karrenbrock 1999: 161) schnöde verlassen worden. Gemäß der Logik von Bonsels’ Roman wird das Negativbild der Hornissen durch dieses Faktum noch einmal verstärkt, und dementsprechend entpuppt sich der scheinbar so integre Krieger als schwächlicher ›Volksverräter‹. Denn als Maja ihm das Angebot unterbreitet, im Tausch gegen ihre Freiheit Schnucks derzeitigen Aufenthaltsort preiszugeben, willigt der Soldat ohne zu zögern ein (vgl. BM 104) – und besiegelt damit das klägliche Scheitern des Feldzugs der Hornissen gegen die Bienen. Maja nämlich bleibt genügend Zeit, um in die Heimat zurückzukehren und ihre Artgenossen vor dem drohenden Unheil zu warnen, und folglich wappnen sich diese umgehend zur Verteidigung.

Dass der militante Chauvinismus von Bonsels’ Roman in den Schlusssequenzen besonders drastisch zutage tritt, hat unlängst Hanuschek (2011a) mit Recht betont. So besitzt die martialische Ansprache, mit der die Bienenkönigin den Hass ihrer Truppen auf die Hornissen schürt (vgl. BM 112 u. 115), eine frappierende Ähnlichkeit mit jener ›Hunnenrede‹, die Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven hielt, um das zur Niederschlagung des ›Boxeraufstands‹ gen China ausrückende Expeditionskorps auf seine Mission einzuschwören (vgl. dazu Baumgartner 2011 u. Hanuschek 2011a). Die hehren Tugenden, welche die Bienen nun an den Tag legen sollen, sind »Todesbereitschaft« und »beseligter Opferwille« (BM 105) – und daran herrscht unter ihnen beileibe kein Mangel. Sie alle werden »von glühendem Verlangen« erfasst, »den alten Todfeinden mit ganzer Kraft zu begegnen« (BM 110), und die Aussicht auf einen »kühne[n] Soldatentod« erfüllt sie mit »wilde[r] Seligkeit« (BM 113). Insofern nimmt es nicht wunder, dass sie die Hornissen, wenngleich unter schweren Verlusten, schließlich bezwingen, was deren perplexe Heerführerin schlechterdings nicht zu begreifen vermag. Doch »eine ältere Hornisse« bescheidet ihr: »Wir sind wohl stärker und mächtiger, aber das Volk der Bienen ist einig und treu. Das ist eine große Macht, der niemand widerstehen kann. Keine würde ihr Volk verraten, jede dient zuerst dem Wohl aller.« (BM 116) Formuliert ist damit jenes Ideal, das Bonsels’ Roman zuallererst zu vermitteln sucht und dem dann auch das kollektive Verhalten der siegreichen Bienen entspricht. Zwar trauern sie um »[e]inundzwanzig Gefallene, die einen ruhmvollen Tod gestorben waren«, doch nehmen sie »die gewohnte Arbeit im Stock« unverzüglich wieder auf: »Ein jeder trug seinen Stolz und seinen Schmerz still mit sich herum und ging seiner Pflicht und Arbeit nach.« (Ebd.) Derartige Passagen, so Hanuschek (2011c: 47), »klingen schon nicht mehr nach Kaiserreich, sondern nach dem kommenden ›tausendjährigen‹ Reich. Sie machen verständlich, warum ›Die Biene Maja und ihre Abenteuer‹ 1933 nicht verboten wurde.«22

Zu guter Letzt erläutert dann die Monarchin höchstpersönlich, weshalb Majas zwischenzeitliches Reisefieber als ganz und gar unbedenklich zu bewerten ist: »Du hast deine Heimat und dein Volk nicht vergessen, und im Herzen warst du treu.« (BM 120) Anders gesagt: Da sie sich nie ernsthaft auf das kulturell Fremde eingelassen hat – insbesondere in sexueller Hinsicht –, ist Majas Wiedereingliederung in den homogenen ›Volkskörper‹ unschwer möglich. Ihre fernab der Heimat gewonnene Erfahrungen stellen das normative ›Wissen‹ um die existentielle Differenz zwischen den Bienen und allen übrigen Insekten somit nicht in Frage, sondern bestätigen es mit Nachdruck. Das völkische Idyll ist komplett.23

Sexuelle Transgressionen und temporärer Heimatverlust in Bonsels’ Indienfahrt

Ungeachtet aller inhaltlichen wie formalen Unterschiede, die zwischen der Biene Maja und der – laut Lou Andreas-Salomé (1988: 20) »nicht genug zu preisende[n]« – Indienfahrt bestehen, ist beiden Texten ihre episodische Reisestruktur gemeinsam. Letzterer beruht zum Teil auf persönlichen Erfahrungen Bonsels’, der sich im Dienste der Basler Mission vom Herbst 1903 bis zum Frühjahr 1904 auf dem Subkontinent aufgehalten hatte.24 Gleichwohl ist Hanuschek (2011a) beizupflichten, wenn er die Indienfahrt als »pseudoautobiografisch[ ]« klassifiziert und dies damit begründet, dass ihr Verfasser zwar »einen autobiografischen Kern suggeriert, aber aus so großer Entfernung zur eigenen Indienreise […] schreibt, dass immer auch die Distanz, der ›dichterische‹ Wurf im Vordergrund steht.« Bonsels’ Text, der eine Gesamtauflage von rund 500 000 Exemplaren erreichte (vgl. Rühle 2011), ist also »weder Tagebuch noch Reisebericht« (Hübsch-Pflegler 1992: 33; vgl. im Detail Karnick 1990 u. Ulrich 2012) und wird daher im weiteren Verlauf nicht anders als eine fiktionale Veröffentlichung analysiert.25 Entscheidend ist dabei, dass sein autodiegetischer Erzähler in diametralem Gegensatz zur Titelheldin des Insektenromans keinesfalls als idealer Vertreter völkischer Prinzipien gelten kann. Vielmehr schildert der namenlose Deutsche allerlei riskante Transgressionen – nicht zuletzt im Bereich der Sexualität –, die seine ursprüngliche Identitätskonstruktion gehörig ins Wanken bringen.26

Die Handlung setzt mit der Ankunft des Protagonisten im südwestindischen Cannanore (heute Kannur) ein, wo er in einem teilweise verfallenen Haus Quartier nimmt. Als ihn jener Inder, der ihm diese Unterkunft verschafft hat, für einen Engländer hält, weist er ihn sogleich auf seinen Fehler hin – ähnlich Bonsels’ Biene reagiert auch der Erzähler der Indienfahrt zunächst sehr empfindlich, wenn ihm ein fremdes ›Volkstum‹ zugeschrieben wird (vgl. Bonsels 1992d: 7f.).27 Überdies geriert er sich ohne jede Rücksicht als ›weißer Herrenmensch‹, indem er den ›Eingeborenen‹ nach Gutdünken neue Namen zuweist28 und sie mittels körperlicher Gewalt kujoniert (vgl. dazu auch Ulrich 2012: 92–95). Obwohl der Deutsche versichert, er sei »nicht nach Indien gereist, um es zu beherrschen« (I 11), lässt er sich regelmäßig zu ›Züchtigungen‹ seines Dieners hinreißen: »Übrigens gab es […] zwischen Panja und mir erregte Szenen im Ringen um die Oberhand des Einflusses. Für gewöhnlich endete solch ein Auftritt damit, daß ich diesen Sklaven niederschlug.« (Ebd.)29

Allerdings zeichnet sich bald darauf ab, dass Bonsels’ Erzähler den Status eines über fast unumschränkte Autorität verfügenden ›Weißen‹ keineswegs wahren kann, sondern einen problematischen Prozess des going native durchläuft: Gewisse Parallelen zu den im südlichen Afrika ›verkaffernden‹ Kolonisatoren Hans Grimms sind dabei kaum zu übersehen.30 So schwindet die nur scheinbar irreduzible Differenz zu den Einheimischen dadurch, dass der Protagonist der Indienfahrt »von den mystischen Herrlichkeiten und dem geheimnisvollen Zauber aller Erscheinungen« (I 39) immer mehr in den Bann gezogen wird; ausschlaggebend dafür ist wohl seine Neigung, »das Nahe und Vertraute gegen das Fremde und Ungewisse ein[zutauschen], das Haus gegen die Straße und die Heimat gegen die Welt.« (I 15) Die klimatischen Bedingungen der Tropen wie auch die nächtlichen Naturgeräusche lösen nun Nervosität und Schlafschwierigkeiten bei ihm aus (vgl. I 17), eine »sonderbare Traurigkeit« (I 25) ergreift ihn, und angesichts seiner sozialen Isolation vertilgt er große Mengen »schweren indischen Palmweins« (I 44). Die Grenze zwischen Traum und Realität vermag er fortan nicht mehr klar zu ziehen; vielmehr verstößt der vom ›Tropenkoller‹ Befallene (vgl. etwa Bischoff 2011: 146–163) unter anderem dadurch gegen das ›abendländische‹ Rationalitätsgebot, dass er angeregte philosophische Diskussionen mit einem Affen zu führen meint (vgl. I 45–51).

Seiner prekären Situation sucht Bonsels’ zweifelhafter Held abzuhelfen, indem er sich zu einer – freilich ziellosen – Reise in die ›Wildnis‹ aufrafft, denn »[a]uf der Reise«, so glaubt er, »sind die meisten Menschen besser als in den kleinen Bedrückungen ihrer engen Häuslichkeit« (I 59). Tatsächlich jedoch wird ihm sein abenteuerlicher Weg ins Unbekannte, den er im Ochsenwagen, im Kanu und zu Fuß zurücklegt und der ihn sowohl in kaum durchdringliche Urwälder als auch in lebensfeindliche Gebirgsregionen führt, keine Linderung verschaffen. Stattdessen verfällt er zusehends jener »Untugend«, die ihm selbst zufolge darin besteht, dass man »[d]ie Achtung vor dem fremden Wesen […] mit der Preisgabe des eigenen Wesens verbindet.« (Ebd.)

Dass der Identitätsverlust des Erzählers insbesondere durch dessen libidinöse Überreizung vorangetrieben wird, lässt Bonsels’ Indienfahrt rasch ersichtlich werden. So sind schon jene Passagen, in denen der Protagonist die schwüle Hitze und die üppige Vegetation des von ihm durchmessenen Dschungels beschreibt, eindeutig sexuell konnotiert (vgl. dazu Günther 1988: 202–207), meint er doch »in der gärenden Stille umher eine aufreizende Liebessucht und die Ahnung eines hastigen törichten Todes« identifizieren zu können: »Mein Blut pochte in den Spitzen der Finger, in den Schläfen und im Halse.« (I 65) Zwar ist es dann nur der ihn begleitende Panja, der sich »[z]u den Frauen« (I 66) eines nahegelegenen Dorfes aufmacht, aber unabhängig davon schreitet die psychische Degeneration des Deutschen rapide fort: Er verliert »Ziel und […] Zeit« (I 75) aus dem Blick, schießt unmotiviert mit seinem Gewehr um sich (vgl. I 79) und leidet unter dem Eindruck, sein »Gehirn [habe] sich um vieles verkleinert und […] mache […] eigenartige Drehungen und Schwankungen in seiner Schale« (I 82).31 Einen ersten symbolischen Höhepunkt erreicht diese Entfremdung von den zentralen Werten seines ›Volkstums‹ – wie auch von den damit verknüpften Virilitätsidealen –, als er seine »Manuskripte und Bücher« (I 83) zu verbrennen beginnt und konzediert: »Ich hatte meine Heimat vergessen.« (Ebd.)

Dieser vor dem Hintergrund des deutschen Nationalismus um 1900 schier skandalöse Satz leitet zur Schilderung eines sexuell aufgeladenen Fiebertraums über, der in der Erinnerung an einen Bordellbesuch in Bombay kulminiert: Dort war Bonsels’ Erzähler eine offenbar minderjährige Prostituierte namens Goy vermittelt worden, deren »schmiegsame[r] Mädchenleib« (I 97) ihn verzückte und deren »Frauenaugen […] erfahren, kindlich und begierig« (I 98) lächelten. Nach dem gemeinsamen Konsum von Opium tanzte sie für ihn, und dann »tat [sie] ihre Pflicht, und kein Gewissen, wie es in unserer Brust wohnt, behinderte ihre geschäftige Treue gegen den einzigen Genuß, den sie kannte und austeilte.« (Ebd.) Doch trotz des rauschhaft-dionysischen Glücks, das ihm die (unfreiwillige) Hingabe der ›Exotin‹ bescherte, bleibt dem Protagonisten der Indienfahrt bewusst, wie sein transgressives Verhalten recht eigentlich zu beurteilen ist:

Es mag nun wohl gewesen sein, daß eine habgierige Alte mich geführt und ein verdorbenes Kind mein Lager geteilt hatte, aber […] es kam mir damals nicht darauf an, wie viel die Dinge in den richterlichen Augen einer Weltgerechtigkeit wert sein mochten (I 100).

Insofern wird die sexuelle Überschreitung der ›Rassengrenze‹ als ein äußerst heikler, das Sozialprestige unterminierender Schritt markiert, wodurch zugleich extreme Zweifel an jener Auffassung geschürt werden, die der Erzähler in einem Akt der Projektion seinem Diener zuschreibt: Dieser sei überzeugt, dass die »Überlegenheit« der ›weißen Rasse‹ »mit der Unerschütterlichkeit eines Naturgesetzes feststand.« (I 117) De facto aber hat die unkontrollierte Triebhaftigkeit des Deutschen zur Folge, dass dieser – in der Perspektive des Textes – von der supponierten ›Höhe seines Volkstums‹ herabsinkt.

Dazu fügt es sich, dass die esoterisch verbrämte und einigermaßen klischeeträchtige Zivilisationskritik von Bonsels’ liminaler Hauptfigur immer stärker in den Vordergrund rückt. Der »Hast und Willkür des europäischen Treibens« (I 142) will sie endgültig entsagen, und so fällt sie den bedrohlichen Verlockungen Indiens fast vollständig anheim: »Die brodelnde Finsternis des heißen Urwalds umdunkelte meine überwachen Sinne wie im Taumel einer nahenden Ohnmacht, und meine armen Gedanken huschten wie blasse Irrlichter darüber hin.« (I 138) Im Unterschied zum Beginn der Indienfahrt nimmt es der Protagonist nun sogar klaglos hin, mit einem Engländer verwechselt zu werden – »So war ich also ein Engländer« (I 150) –;32 seine nationalkulturelle Identität hat er weitgehend abgestreift. Demgemäß gibt er sich nach seiner Ankunft in der Stadt Mangalore der »frohsinnige[n] Oberflächlichkeit« (I 173) seiner Umgebung hin;

[m]eine letzten Bücher wurden ein Raub der Insekten, meine Gedanken eine Beute der Träume, und selbst meine Zukunftshoffnungen fielen für lange dem sanften Rausch so vergänglicher wie überwältigender Genüsse zum Opfer. (I 174)

Dass zu diesen devianten »Genüsse[n]« auch neuerliche sexuelle Ausschweifungen zählen, deutet der Deutsche lediglich an, doch betont er gerade durch diese Selbstzensur den anstößigen Charakter seiner wohl durchaus vorhandenen geschlechtlichen Kontakte:

[O]b ich die weißen Nächte […] allein zubrachte oder nicht, werde ich nicht sagen, denn es gibt zu viele Menschen, die solcherlei Erwägungen in ernstliche Besorgnis wirft, und man soll niemand Sorgen bereiten, am wenigsten durch die Erinnerung an eigene Freuden. (I 175)

Kurzum: Das von allerlei Exkulpationsbemühungen begleitete going native des Protagonisten33 ist annähernd abgeschlossen, als er sich urplötzlich jener »Pflichten und Aufgaben« entsinnt, die er »in einem anderen Land« zu erfüllen hat, »in einem Bereich, dessen Kräften und Zielen ich durch Abstammung und Überlieferung verbunden war, und zum ersten Mal seit Jahren wandten sich meine inneren Augen über das Meer der Heimat zu.« (I 212) Daraufhin entscheidet sich der ›Weiße‹ zur sofortigen Rückkehr nach Europa, sodass gegen Ende der Narration eine ›Heilung‹ von der ›Infektion‹ durch das Fremde eingesetzt zu haben scheint (vgl. Ulrich 2012: 102f.). Dies aber ändert nichts daran, dass sich Bonsels’ Erzähler längst als ein hinsichtlich seiner kulturellen Identität zutiefst verunsichertes Individuum erwiesen hat – und keineswegs als vorbildlicher Vertreter ›aufrechten Deutschtums‹.

Engführung

In Anbetracht der präsentierten Befunde ist nicht unmittelbar einsichtig, weshalb neben der Biene Maja auch die Indienfahrt den nationalsozialistischen Zensurmaßnahmen entging.34 Denn während die Hauptfigur von Bonsels’ Insektenroman nur für Sekundenbruchteile in Versuchung gerät, ihren völkischen Prinzipien zuwiderzuhandeln und sich der erotischen Faszination des kulturell Fremden hinzugeben, verhält es sich mit dem menschlichen Protagonisten der Indienfahrt vollkommen anders: Im Gegensatz zum beinahe asexuellen Fantasiewesen Maja gelingt es ihm nicht, das biopolitische ›Wissen‹ um die Schä(n)dlichkeit jedes ›interrassischen‹ Begehrens zur Richtschnur seines Handelns zu erheben. Stattdessen lässt sich der Deutsche verschiedentlich mit ›exotischen‹ Frauen ein und ›ruiniert‹ nicht zuletzt dadurch seine persönliche Integrität wie auch das ihm anfänglich noch zur Verfügung stehende Bewusstsein einer festen kulturellen Zugehörigkeit. Seine allzu abrupte Besinnung auf das eigene ›Volkstum‹, zu der es am didaktisierend gestalteten Ende der Indienfahrt kommt, wirkt demgegenüber wenig überzeugend, und mithin kann Bonsels’ Text als für die deutschsprachige Reiseliteratur der Moderne alles andere als untypisch gelten: Ungeachtet der Problematisierung, welche die sexuelle Überschreitung kultureller Grenzen darin erfährt, kündet die narrative Inszenierung des mehr als Verpönten zugleich von dessen Attraktivität. Diese Aporie wäre wohl allenfalls dadurch zu umgehen gewesen, dass Bonsels abermals, wie in der Biene Maja, eine fast sterile Welt entworfen hätte, die von psychologisch unterkomplexen Figuren bevölkert wird und nur allegorisch auf die außerliterarische Realität zu beziehen ist.

Anmerkungen

1  | Das trifft erst recht auf die anglophone Literatur zu, die mit inhaltlich verwandten Texten wie Joseph Conrads Heart of Darkness (1899) oder Rudyard Kiplings Kim (1901) aufwarten kann.

2  | Freilich kann das benannte Spannungsverhältnis auch in Texten zutage treten, die kulturelle Fremdheit als »Einbruch des Unbekannten in einen als eigen definierten Innenraum« (Gutjahr 2002: 50) inszenieren und somit keine Reisestruktur aufweisen. Auf derartige Romane und Erzählungen wird im Folgenden jedoch nicht näher eingegangen; dies gilt auch für faktuale – bzw. Faktualität beanspruchende – Reiseberichte.

3  | Darüber hinaus enthält ihre Arbeit eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Rassendiskurs der Moderne, der hier nicht im Einzelnen rekonstruiert werden kann (vgl. Blome 2011: 25–61). Hervorzuheben ist aber, dass einige zeitgenössische Theoretiker durchaus die Ansicht vertraten, eine Vermischung der ›Rassen‹ könne unter gewissen Umständen positive Folgen nach sich ziehen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Weingart/Kroll/Bayertz 1988, Grosse 2000, Becker 2004, Geulen 2004, Walkenhorst 2007 u. Ha 2010).

4  | Monografien zur exotistischen Literatur der Moderne, die gelegentlich ähnliche Gesichtspunkte berühren, stammen von Reif 1975, Magill 1989, Zenk 2003, Meyer 2010 u. Struck 2010.

5  | Den Begriff der ›Verkafferung‹ definiert das 1920 (also erst nach der erzwungenen Abtretung der kaiserlichen ›Schutzgebiete‹) publizierte Deutsche Koloniallexikon folgendermaßen: »Unter V. versteht man in Deutsch-Südwestafrika das Herabsinken eines Europäers auf die Kulturstufe des Eingeborenen, eine Erscheinung, für die man in anderen Schutzgebieten Vernegern oder Verkanakern gebraucht. Einsames Leben im Felde, in stetem Verkehr mit Farbigen, ganz besonders aber die Mischehe mit jenen begünstigt diese bedauerliche Entartung weißer Ansiedler. Der verkafferte Europäer ist trotz bisweilen vorhandener persönlicher Intelligenz stets ein verlorenes Glied der weißen Bevölkerung, da ihm selbst in diesem besten Falle eine der wesentlichsten Förderungen der heimischen Kultur, das energische Wollen und das Festhalten an einem bestimmten Plane, völlig abgehen.« (Dove 1920: 606)

6  | Neben Werken mit weiblichen Hauptfiguren sind als eine weitere Ausnahme von der Regel jene Reiseromane und -erzählungen zu erwähnen, in denen das Begehren der männlichen Protagonisten ein homosexuelles ist (vgl. dazu vor allem Aldrich 1989, wo die deutschsprachige Literatur aber kaum Beachtung findet).

7  | Das oftmals unklare Verhältnis zwischen diesen – vereinzelt gar synonym gebrauchten – Begriffen, wie es sich im politischen Diskurs des Kaiserreichs zeigte, erörtert Walkenhorst 2007: 80–119.

8  | Einen konzisen Überblick zu den historischen Ereignissen bietet der Band von Zimmerer/Zeller 2003.

9  | Dieses Problem wurde um 1900 auch außerhalb der Literatur heftig debattiert, gingen zeitgenössischen Schätzungen doch davon aus, dass rund 90 % der deutschen Männer in den ›Schutzgebieten‹ mit ›nicht-weißen‹ Frauen geschlechtlich verkehrten (vgl. Gründer 2004: 37) – wobei sie diese Sexualkontakte zu großen Teilen gewaltsam erzwangen.

10  | Vgl. aus der Fülle neuerer literatur- und kulturwissenschaftlichen Publikationen, die von einem ähnlichen, nicht nur topografischen Verständnis der Grenze ausgehen, Benthien/Krüger-Fürhoff 1999, Görner/Kirkbright 1999, Görner 2001 u. Geulen/Kraft 2010.

11  | Auf die ebenso breite wie kontroverse Fachdiskussion um den Begriff des Realismus – im literaturästhetischen, nicht im literaturhistorischen Sinne – kann hier nicht näher eingegangen werden; verwiesen sei nach wie vor auf die Arbeiten von Kohl 1977 u. Stern 1983 sowie auf den Überblicksartikel von Ritzer 2003.

12  | Vgl. Müller 1986: 57–61, sowie die ohne Verfasserangabe veröffentlichten Hinweise unter www.waldemar-bonsels-stiftung.de/index.php?article_id=52. Womöglich kann die von Sven Hanuschek organisierte Konferenz 100 Jahre Biene Maja – Waldemar Bonsels’ Literatur und ihre Folgen, die im März 2011 im Münchner Literaturhaus stattfand, als ein erstes Anzeichen für die allmähliche Wiederbelebung der Bonsels-Forschung gedeutet werden; vgl. den ertragreichen Tagungsband von Hanuschek 2012a.

13  | Dass auch eine Lektüre der Biene Maja als Kinder- oder Jugendroman mehr als legitim ist, belegen indes Karrenbrock 1999, Wrobel 2006 u. Hanuschek 2011c. Die frühere wissenschaftliche Aufnahme des Textes rekapituliert (in angreifbarer Weise) Mesenhöller 1986; vgl. zur allgemeinen Bonsels-Rezeption auch die umfängliche Darstellung von Hübsch-Pflegler 1986, deren Anhang mit zahlreichen Dokumenten aufwartet.

14  | So hatten die Nationalsozialisten Bonsels bereits vor ihrer ›Machtergreifung‹ attackiert, weil er in der Jugendautobiografie Tage der Kindheit (1931) von seiner Schwärmerei für ein jüdisches Mädchen berichtet (vgl. Hübsch-Pflegler 1992: 49f., u. Hanuschek 2012b: 17f.).

15  | Dass der eifrige Antisemit Bonsels ab 1938 kaum mehr von Repressalien des Hitler-Regimes betroffen war und zu einem der meistgelesenen und bestbezahlten Autoren des ›Dritten Reichs‹ avancierte (vgl. Hanuschek 2011b: 201–204, u. v.a. Haefs 2012), hatte er jedoch nicht zuletzt der Protektion seines zum Präsidenten der Reichsschrifttumskammer aufgestiegenen Jugendfreundes Hanns Johst zu verdanken (vgl. Hübsch-Pflegler 1992: 49f.).

16  | Insofern handelt es sich um einen poetologischen Selbstkommentar Bonsels’, wenn er einer Figur in Menschenwege (1917), dem ersten Teil seiner Trilogie Aus den Notizen eines Vagabunden, die folgenden Worte in den Mund legt: »Wollen wir einmal die Bienlein betrachten? […] Auch von ihnen kannst du lernen« (Bonsels 1992a: 29).

17  | De facto scheint schon Hanuscheks eigene, im Ganzen sehr instruktive Analyse von Bonsels’ Roman diese Behauptung zu entkräften.

18  | Zitate aus dieser Ausgabe werden im Folgenden mit der Sigle »BM« zitiert.

19  | Es wird hier darauf verzichtet, das Verhältnis dieses Geschöpfs zu den anderen Tierfiguren in Bonsels’ Œuvre – etwa in Himmelsvolk, Indienfahrt oder Mario und die Tiere (1927) – näher zu bestimmen; vgl. aber Karrenbrock (2012). Offenkundig ist, dass die Maja-Figur denkbar wenig mit jenem Verständnis des Animalischen gemein hat, das Bonsels in einem kurzen Aufsatz aus den späten 1920er Jahren artikuliert: Dort charakterisiert er »das Tier« als »die lebendige Gestalt des Triebhaften ohne die Leitung der reflektierenden Vernunft« und »Sinnbild der dämonischen Wesenselemente unserer selbst.« (Bonsels 1928: 891f.) Seine Kritik an Narrativen, die Tierfiguren »nur als Gleichnis für menschliches Gehabe verwenden« (ebd.: 892), dokumentiert zudem eine programmatische Abkehr von jenem Verfahren, das er in der Biene Maja noch selbst zur Anwendung bringt.

20  | Es kann daher nicht verblüffen, dass die aus der Biene-Maja-Trickfilmserie bekannte Figur des tollpatschigen Willi in der Romanvorlage gar nicht auftaucht: »[I]m blitzblank aufgeräumten Bonselskosmos hätte solch ein antiautoritärer Schraz nichts zu suchen gehabt.« (Rühle 2011; vgl. auch Hanuschek 2011c: 47) Zusätzlich zu der von 1975 bis 1979 produzierten japanisch-österreichisch-deutschen Serie, die es auf zwei Staffeln mit jeweils 52 Folgen brachte, existiert eine deutlich ältere Adaption des Stoffs: Bereits im Jahr 1926 war ein Stummfilm in den deutschen Kinos zu sehen, in dem Bonsels’ Figuren von realen Insekten verkörpert werden (vgl. dazu Hübsch-Pflegler 1992: 46f.). Darüber hinaus wurde Die Biene Maja zur Grundlage diverser Comics, Hörspiele, Theaterstücke, Opern und Musicals; vgl. dazu die Dissertation von Weiß 2012a und zusammenfassend ders. 2012b.

21  | Prinzipiell scheint es keine abwegige Annahme zu sein, dass Bonsels’ Hornissen das British Empire repräsentieren, während die Figuren der Wespen für Frankreich und die der Bienen für Deutschland einstehen. Allerdings geht der Bedeutungsgehalt des Romans darin nicht auf, transportiert dieser doch unübersehbar den Anspruch, allgemeingültige Grundsätze zur Anschauung zu bringen.

22  | Obwohl Hanuscheks Einschätzung zutrifft, ist es angesichts des historischen Kontextes von Bonsels’ Roman wenig überzeugend, dessen Hauptfigur polemisch als »braune Biene« (Rühle 2011) oder »Hakenkreuz-Biene« (Baumgartner 2011) zu apostrophieren.

23  | Dieses Idyll kann indes nur dadurch bestehen, dass der eingangs des Romans thematisierte Mangel der Bienen an ›Lebensraum‹ nicht wieder zur Sprache kommt – denn diesen hat der Triumph über die Hornissen ja keineswegs beseitigt.

24  | Nach seiner Rückkehr distanzierte sich Bonsels von der Mission, der er in seinem Pamphlet Mein Austritt aus der Baseler Missions-Industrie und seine Gründe (1904) die unzulässige Verquickung von religiösen und ökonomischen Interessen vorwarf. In der Folge war er als Verleger in München tätig, wo er unter anderem Kontakte zu Heinrich Mann unterhielt; im Ersten Weltkrieg diente er in der Propagandaabteilung der Obersten Heeresleitung (gemeinsam mit Börries Freiherr von Münchhausen, Hans Grimm und Arthur Moeller van den Bruck). Später führte Bonsels ein meistenteils sesshaftes Leben in Ambach am Starnberger See; er unternahm aber noch Reisen nach Brasilien, in die USA und in die Türkei, die sich auch in seinen literarischen Werken niederschlugen. Vgl. zur Biografie die – allerdings hagiografischen – Ausführungen von Hübsch-Pflegler 1992 sowie Wrobel 2006, Hanuschek 2012b u. Weiß 2012c.

25  | Vgl. zum Verhältnis von Faktualität und Fiktionalität im Kontext autobiografischen Schreibens insbesondere Holdenried 2000: 19–44.

26  | Es ist im Rahmen des vorliegenden Aufsatzes nicht möglich, Bonsels’ Indienfahrt in ein Verhältnis zu einschlägigen Veröffentlichungen prominenter Zeitgenossen wie Max Dauthendey, Hermann Hesse, Hermann Graf Keyserling und Stefan Zweig zu setzen oder gar im Feld der deutschsprachigen Indienliteratur von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart zu verorten. Vgl. dazu neben Ulrich 2012 die Monografien von Günther 1988 bzw. von Dharampal-Frick 1994 u. Gokhale 2011 sowie die Sammelbände von Eckel/Hilmes/Nell 2008 u. Durzak 2011.

27  | Zitate aus dieser Ausgabe werden im Folgenden mit der Sigle »I« zitiert.

28  | So heißt es über die Figur eines Kochs: »Ich nannte ihn Pascha, weil ich seinen Namen nicht behalten konnte. Das hätte übrigens niemand gekonnt.« (I 10; vgl. auch I 69)

29  | Mit derartigen Gewaltakten des Protagonisten korrespondiert seine Herabwürdigung der indischen »Urbevölkerung«, die sich »auf einem außerordentlich niedrigen Stande der Zivilisation« befinde, »aber arglos und sehr friedsam« sei: »Ihre Religion ist anscheinend in den primitivsten heidnischen Vorstellungen geblieben« (I 71).

30  | Vgl. zum Phänomen des ›kulturellen Überläufertums‹ allgemein Kohl 1987.

31  | Daher ist es mehr als abwegig, wenn ein Bonsels-Verehrer wie Goedsche (1990: 5) in einem erstmals 1935 publizierten Aufsatz die Ansicht vertritt, der Erzähler von Indienfahrt – den er mit dem Autor gleichsetzt –, sei »eine starke Persönlichkeit«, ja ein »absoluter Meister seiner selbst.«

32  | Eine ganz ähnliche Stelle enthält auch Bonsels’ Reisetext Der Reiter in der Wüste. Eine Amerikafahrt von 1935 (vgl. Bonsels 1992b: 35f.); erhellend ist die Interpretation von Friedrich 2012.

33  | So gibt er zu verstehen, dass das tropische Klima »unserem Blut nicht den Ernst unserer Rasse [erlaubt], nicht den Eigensinn zur Tätigkeit, der ihr eigentümlich ist, und am wenigsten die Neigung zu beständiger Arbeit. Ungezählte unseres Volkes sind […] den Verführungen der südlichen Sonne erlegen, fast unvermerkt, unheilbar der Süßigkeit des tatenlosen Genusses verfallen und erst nach eingebüßter Lebenskraft zu jenem Heimweh aufgeschreckt, das im Glanz der weichen Tage zu einer wollüstigen Wehmut herabgesunken war.« (I 179)

34  | Dies gilt, obwohl der Text gelegentlich auf eine »ferne Verwandtschaft« zwischen den ›arischen‹ Indern und »den germanischen Völkern« (BM 27) abhebt und in diesem Punkt mit der Rassenkunde des ›Dritten Reichs‹ in Einklang steht.

Literatur

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