Der nachfolgende Text stammt von dem französischen Rechtshistoriker und Psychoanalytiker Pierre Legendre (*1930), dessen kompromisslos interdisziplinär ausgerichtetes Denken im Spannungsfeld von Psychoanalyse, Rechtsgeschichte, Philosophie und Kulturtheorie er selbst als Dogmatische Anthropologie beschreibt. »Der dogmatische Blick«, so Legendre, »zeichnet den anthropologischen Gegenstand nach, indem er […] das sprachbegabte Tier (l’animal au logos), die Modalitäten seines Status als sprechendes Wesen und die normativen Montagen, die der Gattung eignen, wieder sichtbar macht.«1 Seit fast 50 Jahren entfaltet Legendre sein Konzept der Dogmatischen Anthropologie in zahlreichen Büchern und Aufsätzen, die seit 2010 auch in einer deutschsprachigen Edition im Verlag Turia + Kant (Wien/Berlin) erscheinen.
Der folgende Text ist eine Neuübersetzung. Er erschien erstmals in französischer und deutscher Fassung in: Ruedi Baur (Hg.): Das Gesetz und seine visuellen Folgen/La loi et ses conséquences visuelles. Baden 2005.
1 | Pierre Legendre: De la Société comme Texte. Linéaments d’une Anthropologie dogmatique. Paris 2001, S. 215.